Bühne frei – das Schweizer WM-Abenteuer beginnt

Die Schweizer eröffnen die Handball-WM am Mittwoch gegen Tschechien (18 Uhr, live auf SRF 2). Gefragt ist ein flexibles Spiel und 100 Prozent Überzeugung, denn physisch ist der Gegner klar überlegen.

Text: Stephan Santschi Bild: Foto Wagner

In den letzten Zügen der WM-Vorbereitung fand sich im Camp der Schweizer ein prominenter Gast ein – Murat Yakin. Der Trainer der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft besuchte sein Pendant Andy Schmid und liess sich von der intensiven Arbeit der Handballer inspirieren. «Alles ist noch eine Spur eindrücklicher, als wenn man es im Fernsehen sieht», sagte Yakin, lieferte sich mit Schmid ein Penaltyduell, das er mit 1:3 verlor, ehe er ein paar motivierende Worte an die Entourage richtete: «Geniesst eure Zeit als Spieler, gebt immer alles für den Moment, für den Sieg, für das Team.»

Am Mittwoch geht es los für die Schweiz – im dänischen Herning trifft sie im ersten Vorrundenspiel der Gruppe A (18 Uhr, live auf SRF 2) auf Tschechien. Die Ausgangslage ist ebenso offen wie die Bilanz in diesem Direktduell, aus den bisherigen 18 Begegnungen resultierten acht Siege, zwei Remis und acht Niederlagen. «Sowohl gegen Tschechien als auch gegen Polen können wir gewinnen. Aber wir können auch mit zehn Toren verlieren, wenn der Wurm drin ist und wir unseren Plan nicht umsetzen», erklärt Torhüter Nikola Portner und er betont: «Damit Punkte überhaupt in Frage kommen, muss unser Fokus bei 200'000 Prozent sein!»

Zehnder und Wolfisberg sind nicht dabei

In einer Hinsicht liegen die Schweizer schon mal vorne: Während sich Tschechien erst am Dienstag am Spielort einfand, reisten sie am Montag an, und haben vor Ort bereits einmal trainiert. Die Vorfreude ist jedenfalls gross, schliesslich ist die SHV-Auswahl kein Stammgast an Weltmeisterschaften – seit 1995 ist sie erst zum zweiten Mal wieder dabei. «Eine WM ist etwas vom Grössten, das man erleben kann. Für uns ist es eine Riesenchance, an diesem Turnier dabei zu sein», berichtet Schmid. Der 20-Mann-Kader der Schweiz ist dabei auf 18 Akteure reduziert worden.

Der Krienser Valentin Wolfisberg musste ebenso zu Hause bleiben wie Manuel Zehnder, der sich am Yellow-Cup schwer am Knie verletzte. Ohne den offensiven Schlüsselspieler wird das Spiel ein anderes sein – mehr Struktur, weniger Intuition, mehr Arbeit, weniger Genialität – das Mindset aber bleibt gleich: «Wenn ein Akteur mit 100 Prozent Überzeugung auf das Tor zieht und verschiesst, werde ich damit nie ein Problem haben. Auch ich werde tun, wovon ich zu 100 Prozent überzeugt bin. Den Sieg garantiere ich nicht, aber ich garantiere, dass ich alles dafür investieren werde», vermerkt Schmid.

Wunschziel: Duell gegen Gastgeber Dänemark

Grundsätzlich hält Schmid fest, dass die Schweiz mit dem «Courant normal» gegen Mannschaften, die auf Augenhöhe oder besser sind, an gewissen Tagen keine Chance haben wird. «Flexibilität ist sehr wichtig, denn körperlich sind uns auch Tschechien und Polen massiv überlegen.» Basis ist eine solide 6:0-Abwehr, die bei Bedarf in ein 5:1- oder sogar in ein 4:2-System verändert werden kann. Im Angriff enthält Schmids taktischer Werkzeugkasten neben dem Standard-Positionsangriff die 7:6-Variante ohne Goalie, oder er zieht in Überzahlsituationen einen Akteur nach hinten, um im 5-gegen-5 mehr Platz zu schaffen. «Spezialsituationen haben wir in der Vorbereitung verfestigt.»

Die Zielsetzung ist klar formuliert, die Schweiz will in der Gruppe A mindestens Platz drei erreichen, um in die Hauptrunde einzuziehen und dort vor 12'000 Fans auf Gastgeber Dänemark zu treffen. Vorerst liegt das Augenmerk auf den Tschechen, die auf Rückraum Mitte (Tomas Babak, ex-St. Otmar St. Gallen) und im rechten Aufbau (Tomas Piroch, ex-Kriens-Luzern) zwei Akteure mit Schweizer Vergangenheit einsetzen. «Die Tschechen verfügen über eine extreme Physis. Auch im Angriff ist es eine gute Truppe, ausserordentliche Individualisten fehlen allerdings», sagt Schmid. Die Vorbereitungsspiele gegen Frankreich (28:37) und Portugal (31:32) hat Tschechien verloren.